1. EU Green Deal forciert Transparenz
Eine wesentliche Säule des EU Green Deal, der europäischen Strategie für klimafreundliches Wachstum, ist der Aufbau eines nachhaltigen Finanzwesens (sustainable finance). Das Ziel ist es, Kapitalströme gezielt in Investitionsprojekte im Umwelt- und Klimaschutz, die zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 notwendig sind, umzulenken. Daher hat die Europäische Union neue Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verabschiedet, um Nachhaltigkeitskriterien bei Investitionsentscheidungen transparenter und besser vergleichbar zu machen. Die wichtigsten drei neuen EU-Regularien zur Unternehmenstransparenz sind dabei (BDI/DRSC, 2024, FfE, 2022):
- Die EU-Taxonomie definiert Kriterien, wann eine Wirtschaftstätigkeit als nachhaltig gilt (Hagenberg, 2024).
- Die EU-Offenlegungspflicht (Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR)) formuliert Offenlegungspflichten für Finanzmarktteilnehmende und Finanzberatende auf Unternehmens- und Produktebene (Katzer, 2024a).
- Die EU-Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)) ist ein weiteres Schlüsselinstrument auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft (DIHK, 2024a) und wird im Folgenden näher erläutert (Katzer, 2024b).
Dieser Beitrag gibt einen Überblick, um was es in der CSRD geht, und stellt aus einer Unternehmensbefragung Zahlen dazu vor, was Unternehmen in Nordrhein-Westfalen (NRW) und in Deutschland bei diesem Thema bereits angestoßen haben. Grundlage des folgenden Beitrags ist die Publikation von Neligan et al. (2024), welche im Rahmen von Sci4Climate.NRW entstanden ist.
2. CSRD weitet Berichtspflichten deutlich aus
Seit dem Jahr 2017 sind große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Beschäftigten nach der Non-financial Reporting Directive (NFRD) verpflichtet, eine nichtfinanzielle Erklärung mit Informationen über ihre Geschäftstätigkeit zu veröffentlichen. In dieser haben sie ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen offenzulegen oder zu erläutern, warum sie darüber nicht berichten. Diese umfassen Themen wie Umweltschutz, soziale und die Beschäftigten betreffende/arbeitnehmerrechtliche Aspekte, Menschenrechte, Korruptions- und Bestechungsbekämpfung sowie Diversität in Aufsichtsräten.
Die CSRD erweitert die bestehende Richtlinie deutlich, um verlässliche und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen zur Bewertung von nicht-finanziellen Unternehmensleistungen bereitzustellen. Damit sollen nicht nur verbindliche EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt werden, sondern schrittweise deutlich mehr Unternehmen verpflichtet werden, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Diese Berichtsanforderungen werden sukzessive erweitert (BMAS, 2024):
- für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024: Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Beschäftigten, die zuvor bereits zur Abgabe einer nicht-finanziellen Erklärung verpflichtet waren nach der CSR-Richtlinie (Non-Financial Reporting Directive)
- für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2025: alle anderen bilanzrechtlich großen Unternehmen,
- für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2026: zusätzlich kapitalmarktorientierte KMU. Diese Unternehmen können einen Aufschub bis 2028 beantragen. Kapitalmarktorientierte Kleinstunternehmen (unter 10 Mitarbeitenden) sind nicht betroffen.
Durch die Erweiterungen wird die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland von bislang 500 Unternehmen auf etwa 15.000 Unternehmen steigen (DIHK, 2024; UBA, 2024). In einer Stellungnahme für das Justizministerium weist der Nationale Normenkontrollrat jedoch darauf hin, dass die Bürokratiekosten der EU-Richtlinie die deutsche Wirtschaft mit jährlich 1,6 Milliarden Euro belasten werden (NKR, 2024).
Allerdings hat Deutschland diese Regulierung noch nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt. Laut EU-Vorgaben war eine nationale Umsetzung bis zum 6. Juli 2024 vorgeschrieben. Im März 2024 wurde hierfür ein Referentenentwurf aus dem Bundesministerium der Justiz vorgestellt, der im Wesentlichen die EU-Richtlinie umsetzt. Vorgesehen war hier auch, dass künftig der Sorgfaltspflichtenbericht im Rahmen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes entfallen kann, wenn ein nach den CSRD-Regeln erstellter Nachhaltigkeitsbericht erstellt und veröffentlicht wird. Dieser Regierungsentwurf wurde am 24. Juli 2024 noch im Bundeskabinett beschlossen und der Plan war es, das Gesetz bis zum Jahresende im Bundestag zu verabschieden. Aktuell ist es aufgrund der Neuwahlen am 23. Februar 2025 unwahrscheinlich, dass dies vor dem Herbst 2025 geschehen wird. Die Europäische Kommission hat bereits am 26. September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet (Herzog, 2024). Trotz der bestehenden Rechtsunsicherheiten und möglichen Änderungen bzw. Ergänzungen des CSRD-Umsetzungsgesetzes bereiten sich schon viele Unternehmen auf diese Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vor.
3. Wo stehen die Unternehmen bei der Berichterstattung?
Im Frühjahr 2024 wurden knapp 900 Unternehmen, darunter 187 aus NRW, der unternehmensnahen Dienstleistungs- sowie Industriebranchen mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten befragt, ob, für wen und wie sie Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Dies fand im Rahmen des IW-Zukunftspanels für das Projekt SCI4climate.NRW statt.
Wie die Befragung zeigt, erstellen bereits zahlreiche Unternehmen freiwillig Nachhaltigkeitsberichte oder planen dies. In NRW erstellt gut jedes vierte Unternehmen auf Basis der Verpflichtung oder freiwillig einen Bericht oder plant dies. Bundesweit sind es drei von zehn Unternehmen (Neligan et al., 2024). Für Deutschland zeigt sich, dass der Anteil der Unternehmen, die heute oder künftig einen Bericht anfertigen, mit der Unternehmensgröße deutlich ansteigt. Von den kleinen Unternehmen (1 bis 49 Mitarbeitende) erstellt oder plant etwa jedes Dritte freiwillig einen Bericht. Bei den großen Unternehmen (ab 250 Mitarbeitenden), die seit Anfang 2025 gesetzlich verpflichtet sind, sind es neun von zehn. Zum Befragungszeitpunkt im Jahr 2024 waren allerdings nur große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Beschäftigten von der gesetzlichen Berichtspflicht betroffen, so dass einige dieser großen Unternehmen noch freiwillig solche Berichte erstellt haben. Das überrascht nicht, da viele dieser Unternehmen schrittweise berichtspflichtig werden und dies vorausschauend vorbereiten. Aufgrund der geringen Fallzahl auf NRW-Ebene wird diese Größendifferenzierung für NRW nicht dargestellt, wenngleich das Bild ähnlich sein dürfte.
Unternehmerische Nachhaltigkeitsberichterstattung hat das Ziel, verschiedene Stakeholder über Nachhaltigkeitsaspekte zu informieren. Basierend auf 41 Unternehmen in NRW und 177 für den bundesweiten Vergleich zeigt sich in NRW ein ähnliches Bild wie im Bundesdurchschnitt. Nachhaltigkeitsberichte richten sich insbesondere an direkte Geschäftspartner, beispielsweise aufgrund von Anforderungen seitens der Kunden und Auftraggeber (NRW: 71 %, DE: 72 %). Aber auch für die Belegschaft und Öffentlichkeit werden sie erstellt (NRW: 47 %, DE: 51 %) sowie für externe Kapitalgeber, um bessere Finanzierungsbedingungen bei Banken und am Kapitalmarkt erhalten zu können (NRW: 17 %; DE; 23 %). Kreditinstitute sind im Rahmen der SFDR verpflichtet, Nachhaltigkeitskriterien bei der Kreditvergabe an Unternehmen zu berücksichtigen, so dass vergleichbare Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen an Relevanz gewinnen, losgelöst davon, ob ein Unternehmen nach der CSRD verpflichtet ist, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen oder nicht. Die Zahlen für Deutschland insgesamt zeigen: Während von den kleinen Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitenden, die einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, nur jedes Zweite einen Bericht für die Belegschaft und Öffentlichkeit anfertigt, sind es mehr als drei Viertel der größeren Unternehmen. Das Ergebnis für die Unternehmen in NRW ist auch hier sehr ähnlich.
Befragt nach den Maßnahmen, die Unternehmen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung ergriffen haben bzw. planen, zeigt sich, dass in etwa jedem zweiten Unternehmen (NRW: 45 %, DE: 53 %) die nachhaltigkeitsbezogenen Aufgaben Mitarbeitende schon übernehmen oder künftig übernehmen sollen, ohne dafür speziell weitergebildet worden zu sein (Abbildung 1). Dies gilt insbesondere für kleine Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitenden. In NRW setzt gut die Hälfte der Unternehmen auf spezifische Weiterbildung – ein höherer Anteil als im deutschen Schnitt (40 %). Bundesweit haben 45 Prozent derjenigen Unternehmen, die bereits einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, ihre Mitarbeitenden speziell weitergebildet. Dies ist eine Strategie, die vor allem große Unternehmen verfolgen. Bei denjenigen Unternehmen, die eine Berichterstattung bislang lediglich planen, sind es knapp zwei Fünftel.
Bei rund einem Fünftel der Unternehmen, die die Berichterstattung bereits umsetzen oder planen, werden die Berichte durch externe Dienstleister wie Beratungsfirmen oder Wirtschaftsprüfungsunternehmen erstellt. Während kleine Unternehmen dies deutlich seltener bereits machen oder planen (20 %), nutzen vor allem mittelgroße Unternehmen (50 bis 249 Mitarbeitende) mit 40 Prozent und auch große Unternehmen (ab 250 Mitarbeitende) mit knapp einem Drittel deutlich häufiger eine solche Lösung außerhalb des Unternehmens. Nur wenige Unternehmen haben eigens qualifiziertes Personal hierfür eingestellt (NRW: 12 %; DE: 8 %) oder planen dies (NRW: 2 %; DE: 3 %). Dieser Anteil der Unternehmen, die dies bereits machen oder planen, steigt deutschlandweit deutlich mit der Unternehmensgröße: von 4 Prozent (bis 49 Mitarbeitende) über 15 Prozent (50 bis 250 Mitarbeitende) auf 26 Prozent (ab 250 Mitarbeitende).
4. Fazit
Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) soll die Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit von Unternehmensaktivitäten steigern, so dass Investoren und andere Interessengruppen mithilfe der Berichterstattungsstandards die Kreditrisiken und Umweltfreundlichkeit der vorgestellten Projekte von den Anlegern besser bewerten und mit ähnlichen Projekten vergleichen können. Die Kosten und der Verwaltungsaufwand der zusätzlichen Pflichten sind jedoch erheblich und führen zu mangelnder Akzeptanz. Zumal durch die Senkung der Schwellenwerte nicht nur weitaus mehr Unternehmen unmittelbar berichtspflichtig werden, sondern diese auch ihre Zulieferer auffordern werden, entsprechende Informationen bereitzustellen.
Die berichtspflichtigen Unternehmen müssen sich dieser Aufgabe stellen und haben die Wahl zwischen Qualifizierung des bestehenden Personals, Neueinstellung mit spezifischen Kenntnissen oder der Kauf von externen Dienstleistungen (Beratung) oder Tools und Software zur Berichterstellung. Je nach Berichtstiefe stehen auch KMU vor der gleichen Notwendigkeit wie die großen Unternehmen und müssen in Personal oder externe Dienstleistungen investieren. Die Befragungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass vor allem kleinere Unternehmen nur begrenzt über die Ressourcen verfügen, um neues Personal einzustellen, ihr bestehendes Personal weiterzubilden oder auf externe Dienstleister zurückzugreifen. Die ESG-Anforderung durch die CSRD sollte daher überarbeitet werden, insbesondere um den Erhebungsaufwand von kleinen und mittleren Zulieferbetrieben entlang der Wertschöpfungskette zu reduzieren (DIHK, 2024b). Das ist mittlerweile auch bei der EU-Kommission angekommen: Mit dem am 29. Januar 2025 veröffentlichen Kompass für Wettbewerbsfähigkeit strebt die Europäische Kommission eine drastische Reduzierung des Regelungs- und Verwaltungsaufwand durch Vereinfachung an. Dabei sollen in einem ersten Schritt die CSRD, aber auch die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und die EU-Taxonomie einfacher gestaltet werden. Dazu soll auch künftig explizit verhindert werden, dass kleinere Unternehmen entlang der Lieferkette durch dem „Trickle-Down-Effekt“ indirekt übermäßigen Berichtsanforderungen ausgesetzt werden (Europäische Kommission, 2025).